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Arizona – unserem Gefühl nach, hätten wir uns für den Dezember keinen besseren Ort als diesen großartigen Bundesstaat aussuchen können. Nicht nur weil wir die wüstenartige Landschaften mit all den irren Kakteen, Bergen und Gesteinsformationen so sehr mögen … es ist auch das WETTER. Das ist einfach großartig – fast jede Mahlzeit können wir draußen zu uns nehmen und unser Leben spielt sich zumeist im Außenbereich ab. Im ganzen Dezember hatten wir nur zwei, dafür heftige, Regentage und einen mehr oder weniger bewölkten Tag mit etwas Regen und frischeren Temperaturen. Ansonsten werden wir verwöhnt mit sehr milden bis sehr warmen Temperaturen und jeden Tag Sonne satt. Obwohl die Sonne sehr schräg steht, werden die Batterien fast immer voll. Herrlich – also sollte jemand einen guten „Überwinterungsplatz“ suchen – wir können Arizona wärmstens empfehlen.

Nachdem wir Tecopa verlassen haben, sind wir weiter in großen Schritten Richtung Süd-Westen gefahren. Wir fahren an dem molochartigen Las Vegas vorbei und finden entlang des Weges immer wieder schöne Stellplätze und erreichen schließlich Arizona. Immer wieder finden wir schöne und ruhige Übernachtungsplätze – das ist einfach perfekt hier im Westen der USA mit all dem öffentlichen Land. Das werden wir bestimmt sehr vermissen.

Nahe Phoenix verbringen wir die Nacht bei dem gar nicht so schönen Pleasant Lake. Wie so viele Stauseen ist auch er nur halb voll und dort ist ein RIESIGER Campground, der nicht sehr attraktiv, dafür aber total voll ist. Wir stellen uns etwa 3 km entfernt und freuen uns über unsere Nachbarn – eine große Eselherde. Am nächsten Tag gehen wir ausgiebig im Aldi (!) einkaufen. Da Weihnachen vor der Tür steht, wollen wir unbedingt Lebkuchen, Marzipankartoffeln, Käsefondue und weitere europäische Leckereien kaufen, die wir sonst hier nicht so leicht bekommen. Wir sind auch äusserst erfolgreich. Die Kalorienschlacht kann dann ab sofort beginnen.

Wir fahren weiter in die Supersticion Mountains und treffen dort, nach über einem Jahr, Michaela und Peter wieder. Die Zwei waren zwischenzeitlich in Mexiko und Guatemala unterwegs und wir Vier haben uns viel zu erzählen. Wir verbringen noch einige Tage dort und unternehmen gemeinsame Wanderungen, essen zusammen und genießen die lauen Abende am Lagerfeuer. Es ist nun auch richtig warm und wir können tagsüber in Shorts und T-Shirt herum laufen. Es ist wundervoll, sich nicht mehr morgens mit mehreren Schichten Klamotten abplagen zu müssen. Unsere längste Wanderung führt uns Vier fast 23 km und 800 Höhenmeter über den Dacite Loop Trail und den Cave Trail. Wir begegnen sehr wenigen Menschen aber leider auch fast keinen Tieren. Auf dem Rückweg, wir sind schon auf dem Fahrweg unterwegs, sehen wir eine verletzte Tarantel. Karsten will sie mit einem 10 cm langen Stöckchen retten – doch zum Glück finden wir noch einen längeren Stock und mit dem trägt Karsten sie von der Straße. Ob sie wohl überlebt hat? Ein wirklich schönes und imposantes Tier.

Da am Ewald und auch am Dicken noch einige Arbeiten anstehen, beschließen wir, zu unserem Freund Duke in die Nähe von Tucson zu fahren. Duke hat einen ehemaligen Campground auf dem wir in der Vergangenheit schon öfter waren. Und da wir uns mittlerweile angefreundet haben, lässt er uns gerne bei sich stehen. Das ist perfekt, wir können in Ruhe schrauben und wurschteln, dürfen Dukes Werkstatt benutzen und die Duschen sind einfach fantastisch. Dazu kommt noch, dass der Saguaro Nationalpark keine 2 km entfernt ist, wo wir uns täglich ordentlich austoben können. Ganz wichtig bei den derzeitigen Kalorienbomben – HA!

Und so vergehen ganz schnell mal 10 Tage, die wir mit viel Arbeit, viel Essen und meist viel Spass verbringen. Zwischendurch besuchen uns noch Cher und John von unserer Käsefarm in Oregon, die (schlauerweise) auch hier im Süden überwintern. Natürlich führt auch dieses mal eine Wanderung auf den Wasson Peak, das ist ja schon Tradition. Uns Vieren ist es nach einem schnellen Marsch und wir bewältigen die knapp 13 km und 800 Höhenmeter in Zweidreiviertel Stunden. Auf dem Peak treffen wir einen Ranger, der uns viel von der Gegend erzählt und uns einige Tipps zum Essen gehen und weiteren Wanderungen sowie interessanten Gebieten gibt.

Wir mieten ein paar Tage ein Auto und können so schnell und flexibel ein paar Sachen in Tucson erledigen, die Mädels gehen mal shoppen und gemeinsam erkunden wir die Downtown. Die Downtown ist relativ klein und auch nicht sehr spektakulär. Erstaunt sind wir, dass fast alle Geschäfte und Restaurants quasi leer sind. Im Visitor Center stürzen sich die freundlichen Helfer direkt auf uns und überschütten uns mit guten Ratschlägen – denen scheint es auch ein wenig langweilig zu sein. Im Grunde genommen, sehen wir in der Innenstadt hauptsächlich nur einige Homeless und sonst niemanden. Wir fahren dann zum Mi Nidito, einer der Vorschläge von „unserem“ Ranger, und genießen die Margaritas und das leckere, äusserst reichhaltige Essen. Mit einer leichten Fress-Narkose, einigen Doggy Bags und überaus glücklich fahren wir dann wieder zurück zu unserem Camp. Ein sehr schöner Tag.

Nun müssen wir euch von unserer neuen Nachbarin hier auf dem Camp erzählen. Vor über einer Woche, Duke war gerade nicht da, tauchte ein Mann mit einer sehr scheuen schon älteren Frau hier auf. Der Mann ist wohl ein Bekannter von Duke und der hat uns dann alle möglichen Fragen gestellt – die uns allesamt (wie beispielsweise: Werden hier Pestizide benutzt? Gibt es Hunde hier?) sehr verwundern. Die zwei diskutieren dann später stundenlang und nach zwei weiteren Tagen taucht ein uralter Käfer mit der besagten Dame hier auf. Barbara heißt sie und sie ist wohl Mitte 80 Jahre alt. Den Käfer hat sie in 1968 als Neufahrzeug erworben und seit 1983 (!) Lebt sie in dem Fahrzeug. Gerne hätten wir mehr von ihr erfahren – doch leider ist sie sehr scheu und wie der Mann sagte „hypersensitiv“. Da man sie den ganzen Tag nur selten sieht, denken wir Vier uns abenteuerliche Geschichten über ihr Leben aus.

Nach 10 Tagen verabschieden wir uns von Duke und Sue und fahren weiter, ganze 20 km, bis in das Iron Wood National Monument. Dort kommen wir auf dem Sandweg irgendwann nicht mehr gut weiter, da er einfach mit dornigen Büschen sehr zugewachsen ist. Wir finden jedoch einen ganz guten Übernachtungsplatz und machen uns dann erst mal zu Fuß weiter zum Cocoraque Butte. Dies hatte uns auch der Ranger empfohlen. Ein echt cooler Ort zum rumklettern und erkunden, denn die zwei kleinen Berge, die wir erkunden, bieten hunderte von Felsmalereien. Wir können uns gut vorstellen, noch mal hierher (vielleicht über Weihnachten) zurück zu kommen.

Am nächsten Tag fahren wir knapp 200 km bis nach Why. Der größte Teil der Strecke führt durch das riesige Tohono O´Odham Reservat. Die Landschaft ist schön, Menschen und Autos sind fast keine zu sehen – nur erstaunlich viele Kreuze markieren die Straßenseiten.

Immer mal wieder schaut Karsten online nach der Performance unserer heimischen Photovoltaikanlage. Dies frustriert ihn jedoch – wie eigentlich jedes Jahr – besonders in den Wintermonaten. Derzeit produzieren wir mit Ewalds 500 Watt PV-Anlage täglich mehr als mit der 14,5 kW Anlage auf unserem Haus. Wir sollten das Haus auch einfach nach Arizona ziehen – keine so schlechte Idee. 

Nach einer Nacht nahe Why fahren wir bis ganz dicht an die mexikanische Grenze in das Organ Pipe National Monument. Auf dem großen schön angelegten Campground mit über 200 Plätzen befinden sich gerade mal 30 Camper (uns mitgerechnet) und es ist herrlich ruhig. Nur die Coyoten hören wir in der Nacht. Es ist auch auf der Durchfahrtstraße fast nichts los, denn die Grenze nach Mexiko wurde an diesem Übergang vor ein paar Wochen geschlossen. Offiziell wegen zu vielen Immigranten – wir können es nicht so ganz verstehen. Gerne wären wir demnächst über diese Grenze gefahren, da sie so schön klein und ruhig ist, aber das wird wohl nix. Wenn wir derzeit Autos sehen, sind es fast ausschließlich Border Patrol Fahrzeuge, Immigranten haben wir aber bisher keine gesehen. Es ist schon eine traurige Situation … auch die in wenigen Kilometern Entfernung befindlichen Grenzbefestigungen von unserem Campingplatz aus zu sehen. Diese Mauer an der Grenze zu Mexiko ist einmal mehr ein trauriges und sinnloses Beispiel, Menschen davon abzuhalten ihr Glück in einem anderen Land zu finden. Kein guter Anblick.

Wir genießen intensiv mit viel laufen und wandern die Landschaft und Karsten und ich unternehmen seit langem wieder mal eine Radtour. Wir fahren gute 40 km (hört sich gar nicht so weit an) um den Ajo Mountain Loop. Der Weg hat es mit etlichen knackigen Steigungen und meist  schlechter Schotterpiste ganz schön in sich. Im Großen und Ganzen haben wir aber viel Spaß, nur die letzten Kilometer sind so rumpelig, dass wir befürchten eine Gehirnerschütterung davon zu tragen oder ein paar Plomben zu verlieren. Am Abend feiern wir ein wenig mit Michaela und Peter unser 9-jähriges Jubiläum unseres Reiselebens. Es gibt immer einen Grund zu feiern.

Dann wird leider der Dicke leicht inkontinent, das heißt er verliert an der Kardanwelle Öl und es ist wohl ein Simmering defekt. Wir beschließen uns gemeinsam dieses Projekts anzunehmen. Ist ja klar – wir haben uns schon öfter gegenseitig geholfen – so macht es auch mehr Freude und die (vermeintlichen) Probleme erscheinen dann kleiner. 

Zunächst wollen wir aber über Weihnachten wieder zu unserem Spielplatz im Ironwood National Monument. Nach einer weiteren Nacht bei Why, in der es heftig regnet, fahren wir am nächsten Tag im Dauerregen Richtung Ironwood. Wir müssen noch ein paar Lebensmittel für Weihnachten kaufen und dann wollen wir zu unserem alten Platz. Es ist jedoch super matschig und die Wege haben sich in eine unergründliche Seenplatte verwandelt. Wir bleiben deshalb vorsichtshalber ganz am Rand des Gebiets stehen und wollen erst am nächsten Tag schauen, ob wir weiter hinein kommen. In der Nacht regnet es weiter und somit ist am nächsten Tag schnell die Entscheidung gefallen wieder zu Duke zu fahren. Den lehmigen Schlamm wollten wir uns und vor allem auch Ewald und dem Dicken ersparen.

Und nun stehen wir wieder bei Duke. Barbara ist noch da – aber noch immer scheu, wobei sie uns mittlerweile grüßt. Wir schrauben viel, bestellen noch ein paar letzte Dinge, feiern mit unendlich viel und leckerem Essen Weihnachten, gehen im Park laufen und wandern, nutzen die herrliche Dusche … und wir werden wohl bis ins Neue Jahr hier bleiben. Kein schlechter Ort und umgeben von guten Freunden.

Dann freuen wir uns aber auch wieder auf Neues. Wir hören schon Mexiko, wie es nach uns ruft. Ganz besonders verlangt uns es wieder mal ans Meer zu kommen und den Sand an unseren Füßen zu spüren … wir halten Euch auf dem Laufenden und bis dahin

Kommt gut ins Neue Jahr, bleibt glücklich, gelassen und gesund.

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