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Normalerweise schreiben wir unsere Berichte in zwei Etappen. Den ersten Teil so Mitte des Monats und dann den Rest am Ende des Monats, kurz vor der Veröffentlichung. Wir führen täglich Tagebuch und halten auch all unsere Übernachtungsplätze sowohl digital als auch analog fest und führen natürlich Buch über all unsere Wanderungen, Radtouren und Läufe. Ihr wisst ja vielleicht mittlerweile, dass wir echte Listen-Liebhaber sind – eins unserer Listenbücher hat sogar den Aufdruck „love my lists“, einfach passend. Doch haben wir und insbesondere Sandie das Gefühl, dass eventuell das Gehirn explodieren könnte, wenn nicht ab und zu mal etwas zu Papier bzw. auf die Apple pages gebracht wird. So geht es uns jetzt gerade, es ist noch gar nicht so viel Zeit seit Teotihuacan vergangen, doch haben wir das Gefühl so viel erlebt zu haben, dass wir unbedingt schreiben müssen. Wir stehen jetzt gerade an der Flanke des Orizabas auf 4.000 m Höhe und es ist ausnahmsweise ein wolkiger Tag – da bietet sich ein Office Tag ja auch förmlich an. 

Wir wollten diesen Bericht mal nicht mit einem immer währenden Loblied auf Mexiko anfangen, denn mittlerweile weiß wohl jeder wie begeistert wir von diesem Land und alles was dazu gehört sind. Und ja, auch nach drei Monaten, lässt die Begeisterung nicht nach – im Gegenteil. Aber genug davon und nochmal auf Anfang:

Wir verbringen noch ein paar Nächte in Teotihuacan und sind dann froh, der doch sehr lauten Umgebung wieder zu entkommen. Die Natur ruft uns – natürlich leise und darauf freuen wir uns. Wir fahren 110 km im lustigen zick-zack an Mexiko City vorbei und auf den letzten 15 km geht es über eine fantastische Straße steil in die Berge. Es ist nix los, alle Verkaufshütten am Straßenrand sind geschlossen und als wir am Visitor Center zwischen den zwei Vulkanen Popocatepetl 5.452 m und dem Iztaccihuatl 5.230 m ankommen, müssen wir leider feststellen, dass die Parkplätze abgesperrt sind. Normalerweise darf man hier übernachten. Wir sprechen mit einem Polizisten und er teilt uns mit, dass hier alles geschlossen sei. Er meint aber in etwa 5 km Entfernung könnten wir einen Platz zum Übernachten finden. Ab hier ist die „Straße“ eine Stein-Fels-Lavasand Piste und nach einer halben Stunde finden wir den sehr schönen Platz im Parque Ecologico Apatlaco. Auch hier sind wir außer wenigen Tagesgästen die nächsten Tage allein. Herrlich.

Wir stehen auf etwa 3.500 m und es ist bestes Wetter. Und das Beste ist, der Popocatepetl raucht wie verrückt. Das ist ein echt interessantes Spektakel, leider ist aber gerade Vollmond und wir können somit nachts nicht den orangen Schein sehen – nur ganz leicht erahnen. Wir erkunden die Gegend mit dem schönen Wasserfall und gehen gleich mal auf 3.800 m, so hoch waren wir noch nie.

Am nächsten Tag wollen wir den Iztaccihuatl ein wenig angehen und zumindest mal die 4.000er Marke knacken. Wir marschieren fröhlich vor uns hin und nach etwa 7 km, wir befinden uns auf der Höhe von 3.954 m, werden wir von einem Quad eingeholt. Der Park Ranger teilt uns mit, dass wir illegal hier unterwegs sind, da der GESAMTE Park aufgrund des sehr aktiven Popos und der vielen menschenverursachten Waldbrände geschlossen ist. Echt jetzt? Ganz ehrlich, das war uns so nicht bewusst. Es kommt noch ein zweiter Ranger auf einem Quad und sagt, dass die Polizei schon auf uns wartet. Wir entschuldigen uns und drehen natürlich um. Schon ein paar 100 meter weiter erwartet uns eine weitere Rangerin und zwei schwerst bewaffnete Polizistinnen. Wir werden ordentlich ermahnt und belehrt, wir kommen uns ein wenig wie früher in der Schule vor, und nach einer 10minütigen Standpauke dürfen wir wieder zurück. 

Die Wanderung war trotz allem wunderschön. Und wir bleiben auch noch ein paar Tage in der Gegend, unternehmen weitere Wanderungen (nicht mehr im Park!) und genießen die Natur, die Stille und die wunderschönen Vulkane. Es gibt eine alte Geschichte der Mexican (Azteken) zu den zwei Vulkanen, die wir nicht vorenthalten wollen. Es ist eine Art Romeo und Julia Geschichte: Der Popocatepetl (übersetzt Rauchender Berg) war ein Krieger und die Iztaccihuatl (übersetzt Weiße Dame) war die Tochter des Kaisers. Die zwei sind ein Liebespaar, doch dann fällt der Krieger leider auf dem Schlachtfeld. Die weiße Dame stirbt vor Trauer und Gram. Doch dann kehrt der Krieger doch wieder zurück, er war nur schwer verwundet, und findet seine Geliebte tot vor. Er legt den leblosen Körper an seinen jetzigen Standort und verbleibt für immer neben ihr mit einer brennenden Fackel in der Hand. Ist das nicht schön? Tatsächlich sieht der Iztaccihuatl aus manchen Perspektiven wie eine liegende Frau aus und die Erhebungen der Knie, Schulter, Brüste etc. sind auch so benannt.

Nach so viel Ruhe fühlen wir uns wieder bereit es mit ein wenig Stadt aufzunehmen und so führt uns unsere nächste Etappe nach Cholula. Wir haben die schlimmsten Dinge über die „Straße“ dorthin gehört und auf ioverlander sind zahlreiche Warnungen, doch finden wir es gar nicht so schlimm. Klaro, die ersten 13 km sind eine enge felsige, sandige, steile Piste – aber mit einer sehr sehr niedrigen Geschwindigkeit meistert Ewald das wie immer mit einer stoischen Ruhe. Auf den restlichen 30 Kilometern haben wir dann wieder super viele Topes, aber das sind wir ja mehr oder weniger gewöhnt.

Und dann sind wir in Cholula, es ist nicht nur eine Stadt, in die wir uns rein getrauen, NEIN es ist auch noch OSTERN. Der wichtigste Feiertag in Mexiko. Ostern ist eigentlich hier nur am Ostersonntag gesetzlicher Feiertag, doch ist die ganze Woche „Santa Semana“ heilige Woche und jeden Tag ist irgendeine Prozession und auch andere Feierlichkeiten. Das wollten wir jedoch auch mal miterleben. Also stellen wir uns mit Ewald mitten in das Pueblo Magico direkt am Fuße der alten Pyramide und tauchen ein. Wir gehen lecker essen, natürlich Mole, denn hier in der Gegend soll diese unglaublich leckere Schokosoße mit angeblich über 100 Zutaten von einer Nonne erfunden worden sein. Wir erleben eine Prozession und lassen uns durch den äussert vitalen Ort mit den vielen gut gelaunten Menschen treiben. 

Wir erkunden auch die „Pyramide“. Diese soll einmal die größte Pyramide der Erde gewesen sein und galt mit einer Kantenlänge von 425 m als größtes Bauwerk aus der vorspanischen Zeit. Im Laufe von 1.500 Jahren wurde sie mindestens 7 mal von verschiedenen Hochkulturen überbaut. In der Hochzeit der Tolteken haben in dieser Gegend etwa 100.000 Menschen gelebt. Als dann die christlichen Spanier hier einmarschiert sind, gab es schreckliche Massaker, da sich die Nachfahren der Hochkulturen nicht unterwerfen wollten. Tausende wurden von den Spaniern getötet. Die Spanier wollten dann in dieser Gegend ein ganz besonderes Zeichen setzen und haben wohl 365 Kirchen hier in Cholula und im angrenzenden Puebla errichten lassen. Und die Krone ihrer Unverschämtheit haben sie, in unseren Augen, in Cholula angerichtet, indem sie auf die Pyramide eine riesige christliche Kirche errichtet haben. Wir könnten uns jetzt noch mehr auslassen – lassen es aber besser sein, viele kennen unserer Meinung zu den Kirchen und Religionen. Und nur so viel, Beispiele wie in Cholula verbessern unsere Meinung nicht gerade.

Heute ist von der Pyramide nur noch ein überwachsener Erdhügel mit eben dieser Prunkkirche oben drauf erhalten. Doch Cholula an sich ist wirklich ganz schön und es ist ganz schön was los. Nicht nur wir werden mit allerlei Leckereien verwöhnt auch Ewald wird mit einer ordentlichen Politur verwöhnt und er glänzt nach langer Zeit wieder wie eine Speckschwarte. Nachdem die erste Nacht noch relativ erträglich war, ist die zweite Nacht UNGLAUBLICH laut. Neben der vielen lauten Musik böllern die Mexikaner die ganze Nacht. Und das sind hier keine normalen Böller, es klingt als wären wir mitten im Krieg und rund um uns detonierten die Bomben. Es ist unvorstellbar – Ewald bebt sogar manchmal. Total irre!

Wir fahren am Ostersonntag weiter. Zwei laute Nächte reichen uns und nun fahren wir zum 60 km entfernt gelegenen Vulkan Malinche. Dieser Vulkan ist nicht mehr aktiv und mit seinen 4.437 m wohl gut zu erwandern. Genau das Richtige für uns. Wir kommen am wohl best besuchten Tag im ganzen Jahr an und haben erst mal Probleme überhaupt einen Platz auf dem höchst gelegenen Parkplatz zu finden. Doch äusserst freundliche Mexikaner helfen uns, einen guten sogar relativ waagerechten Platz zu finden. Und wie immer ist es „no problema“. Wir schlafen ganz wunderbar in der Stille, denn Nachts ist niemand mehr hier. Es waren alles nur Tagesgäste und am nächsten Tag ist es auch wieder sehr ruhig. Wir wollen den Malinche ein wenig „angehen“ und erfahren von einer Rangerin, dass das Gebiet wegen Brandgefahr geschlossen ist. Echt jetzt? Das ist sehr schade, wir bekommen aber Mut gemacht, dass ab Morgen das Wandern wieder möglich sein sollte.

Am Dienstag ist es dann soweit, wir stehen früh auf, packen viel Wasser und zu Essen ein und los gehts. Es ist steil und staubig. Das Wetter ist perfekt. Wir gehen langsam und stetig bergan und überholen einige Wandergruppen. Wir gehen nie sehr schnell, doch permanent, ohne ständig Pausen zu machen. Es läuft ganz prima und selbst als es ausgesetzt wird bekommt Sandie keine Höhenangst. Gemeinsam kommen wir am Gipfel an und sind richtiggehend euphorisch. Unser erstes mal über 4.000 m und dann gleich auf 4.437 m. Wir haben damit auch die für uns magische Marke von über 14.000 Fuß überschritten – in den USA ist das DIE Marke für Bergwanderer. Ein großartiges Gefühl.

Wir verbringen noch ein paar Tage auf der Höhe von etwa 3.000 m und fühlen uns sehr gut akklimatisiert. Wir gehen sogar auf den ganz neuen und perfekten Sportplatz hier oben laufen. Ein perfekter Sportplatz in dieser Höhe, mit Tartanbahn. Wir bezahlen einen kleinen Obolus und dürfen die Anlage benutzen. Auch mal wieder lustig und auch ganz schön anstrengend.

Wir fahren als nächstes in das Pueblo Magico Huamantla. Der Ort ist für uns nicht wirklich ein PM. Ganz nett, ja. Aber irgendwie ohne Charme und auch die Läden führen hauptsächlich Plastik-Kacke aus China. Naja, es kann nicht jeder Ort zauberhaft sein, das wäre ja auch schon wieder langweilig.

Ganz in der Nähe, nur gute 140 km entfernt, liegt Mexikos höchster Berg. Der ist zwar nicht zu erwandern sondern nur technisch zu besteigen, aber wir haben „Blut geleckt“. Also fahren wir zu dem 5.636 m hohem Vulkan Orizaba auch Citlaltepetl genannt. Schon von weitem können wir ihn sehen. Das ist immer ganz verrückt, hier diese monumentalen Vulkane mit ihren perfekten Kegeln zu sehen. Über hunderte Kilometer sind diese Kolosse mit ihrer nahezu solitären Lage zu erkennen. Sehr respekteinflössend. Wir fahren über die 150D eine super gute Mautstraße ohne (!) Topes und erst die letzten 20 km werden wieder sehr interessant. Nach Atzifzintla wird die Straße schon ganz schön steil, dann aber ab Santa Cruz Texmalaquilla wird es IRRE steil und wir brauchen für die restlichen 10 km mehr als eine Stunde. Glücklicherweise ist auf der engen Straße sonst keiner unterwegs. Könnte vielleicht auch daran liegen, dass auf ioverlander vor dem sehr schlimmen Ort Texmalaquilla gewarnt wird. Es soll angeblich sehr gefährlich sein  – davon merken wir beim (im Schritttempo) Durchfahren jedoch nix. Alle winken freundlich und wir fühlen uns sehr willkommen und wohl.

Die erste Nacht hier oben bleiben wir noch auf 3.700 m, um uns noch ein wenig zu akklimatisieren. Wir gehen zu Fuß weiter hoch, um die Gegend zu erkunden und zu schauen, ob wir mit Ewald noch weiter hoch kommen. Und ja! Am nächsten Tag krabbeln wir auf über 4.000 m und finden einen wunderschönen Stellplatz am Fuße des Orizabas. Wir besteigen erst mal den Nachbarberg Sierra Negra , der mit seinen 4.587 m der fünfthöchste Berg Mexikos ist. Unser zweiter 14.000er – Hurra. Nicht super schön mit seinem riesigen Teleskop aber sehr anstrengend zu begehen.

Dann am nächsten Tag gehen wir den Orizaba an. Ziel ist bis zur Schutzhütte Fausto Gonzales Gomera auf 4.712 m zu kommen. Wir marschieren bei wunderbarem Wetter sehr langsam und kontinuierlich den Berg hinauf. Die Luft ist dünn, doch sind wir erstaunt wie gut es doch geht. Mittlerweile sind wir wohl wirklich gut akklimatisiert. Je höher wir kommen, desto mehr Wolken ziehen auf und es wird immer windiger. Wir freuen uns, als wir die Schutzhütte erreichen und uns dort umziehen und etwas essen können. Insgeheim hatten wir geplant heute noch an der 5.000er Marke zu schnuppern. Doch das Wetter wird immer schlechter und der Weg immer kraxeliger – also drehen wir vernünftigerweise nach etwa 700 Höhenmetern um und marschieren die knapp 6 km wieder runter nach Hause zu Ewald.

Am nächsten Tag ist es tatsächlich den ganzen Tag mehr oder weniger wolkenverhangen – ist aber auch mal ganz schön. Wir bleiben insgesamt 4 Nächte auf der Höhe von 4.000 m und fühlen uns gut. In der letzten Nacht hat Karsten jedoch Atemprobleme und so beschließen wir, doch mal wieder in tiefere Gefilde zu fahren. Sandie will es noch mal wissen und läuft 7 km auf der Höhe. Auch das funktioniert!

Wir fahren fast 3.000 m runter und kommen in Orizaba (Pueblo Magico) an. Die Luft ist DICK, schwül und heiß. Daran müssen wir uns erst mal wieder gewöhnen. Der Ort gefällt uns ganz gut, mexikanisch bunt, gutes Essen, leckere Margaritas und viel Musik. Wir erklimmen noch den Hausberg Serro del Borrego zur Hälfte in FlipFlops und verbringen dann eine recht ruhige Nacht in einer Seitenstraße. Am nächsten Tag laufen wir noch mal komplett auf den Berg (mit besseren Schuhen) und schon geht es weiter Richtung Küste des Golfes von Mexico.

Wir fahren auf einer Mautstraße und es läuft gut, wir passieren Cordoba und Veracruz und etwas südlich von Veracruz stellen wir uns in der Nähe von Anton Lizardo auf den Camp Coco Aventura Beach. Das ist nun für uns der dritte „Strandurlaub“ in diesem Jahr. Nicht schlecht – wir genießen es, die nächsten Tage täglich am Strand barfuß zu laufen, backen Kuchen und Brot, gehen im Meer schwimmen, machen Wäsche und auch Ewald wird verwöhnt. Alles in allem sehr erholsam und ruhig. Wir sind auch echt froh, unsere portable Klimaanlage mit an Bord zu haben. Denn trotz der frischen Brise ist es manchmal echt heiß und dann tut es gut die Anlage mal laufen zu lassen. 

Nach fünf Nächten zieht es uns wieder ins Landesinnere. Wir fahren zunächst nach Tlacotalpan und werden dort auf dem Parkplatz schon sehr nett von Victor begrüßt und willkommen geheissen. Wir erkunden den Ort und sind begeistert. Die vielen Säulengänge, bunten Häuser und wunderschönen Parkanlagen zieren dieses Pueblo Magico. Gerne würden wir noch bleiben aber es ist irre heiß und wir beschließen, noch bis nach Tuxtepec zu fahren. Dieser Entschluß war nicht unser klügster – ungefähr 2 Milliarden Topes und unzählige Zuckerrohrtransporter mit 6 Hängern machen die Fahrt zu einer Tortour. Die Nacht in Tuxtepec ist laut, heiß und stickig – nicht immer ist alles romantisch und schön auf unserer Reise – da muss man durch.

Zum Glück fahren wir schon am nächsten Tag wieder in die Berge. Es ist einfach großartig, dass die Berge nie fern sind und wir immer dorthin vor der Hitze fliehen können. Das wird erst in Yucatan anders – aber da werden wir hoffentlich immer Cenoten zum Abkühlen finden, schauen wir mal. Nun aber zurück zu den Bergen, die Sierra Madre de Oaxaca ist ganz und gar zauberhaft. Wir fahren auf einer kleinen und guten Straße immer weiter bergan und kommen durch wundervolle Gegenden. Der Wald ist bis in die Höhe von 2.500 m ein echter Dschungel und wir erfreuen uns an den fremdartigen bunten Vögeln, die riesigen Farne und Lianen. Die Luft wird immer frischer und besser und auf 3.000 m erreichen wir den Pass El Mirador mit einem kleinen Restaurant. Wir fragen und die herzlichen Menschen erlauben uns (natürlich!), hier zu übernachten.

Wir bleiben direkt 2 Nächte und erkunden zu Fuß die Gegend. Im Tal sehen wir die Dunstglocke über Tuxtepec und sind froh, ihr entkommen zu sein. Wir gehen zu einem Wasserfall „Cascades del Comaltepec“, der ist zwar sehr hoch aber leider nur noch ein dünnes Rinnsal. Der Weg dorthin ist scheinbar nicht so ganz legal, denn wir müssen über ein Tor klettern. Doch haben wir nicht all zuviel Angst, erwischt zu werden. Denn es ist nichts los. Wir vermuten, dass an Wochenenden diverse Outfitter Ausflüge hier hin anbieten. Oder angeboten haben – auch bei unserem Übernachtungsplatz kann man noch einige Überreste von Ziplines sehen. Wir vermuten, dass vor Covid, dies ein Ausflugsziel war. 

Wir fahren weiter durch die Sierra Madre de Oaxaca. Die Landschaft und die Fahrt ist spektakulär und wir kommen durch kleine, goldige und unglaublich saubere Dörfer. Selten haben wir entlang einer Straße in der Nähe von Ortschaften so wenig Müll gesehen. Auch mal schön. Wir schwenken noch kurz zum Einkaufen in die Stadt Oaxaca rein und sind zunächst wenig begeistert. Wir stehen im Stau und es ist einfach nur voll und stickig! Wir wussten gar nicht, dass die Stadt so groß ist …

In Santa Maria del Tule stellen wir uns auf „den“ Overlander Platz El Rancho. Auch hier sind wir zunächst nicht wirklich begeistert, denn wir stehen vor einem RIESIGEN verschlossen Tor. Nach mehrmaligen Klingeln wird es geöffnet und wir stehen in einer wunderschönen Anlage. Tolle Duschen, sehr sauber, liebe Mitarbeiter – es sind nur wenige andere Camper da und doch ist da diese hohe Mauer (versteckt hinter Bäumen und Büschen) und wir fühlen uns ein wenig eingesperrt. Wir können jedoch schon jetzt verraten, dass wir die Mauer ganz gut ausblenden konnten und wir uns im Endeffekt für immerhin eine ganze Woche wohl gefühlt haben.

Wir erkunden den kleinen Ort El Tule und finden heraus, dass wir hier beim größten Baum der Welt sind. HA! Perfekt für uns tree-hugger! Die 2.000 Jahre alte Sumpfzypresse, „El Arbol“ genannt, gilt als der Baum mit dem größten Umfang weltweit. Wir finden unterschiedliche Angaben, das Schild beim Baum teilt uns als Umfang 58 m bei einer Höhe von 42 m mit. Und über 600 Tonnen soll der Baum wiegen. Wir sind ergriffen und wie so oft fragen wir uns, was dieser Baum schon alles erlebt hat und was er uns alles erzählen könnte. Die Aura ist sehr besonders.

Endlich können wir mal wieder die Räder auspacken, denn es gibt tatsächlich einen Radweg von hier nach Oaxaca. Herrlich mal wieder auf zwei Rädern unterwegs zu sein. Und dann sind wir in OAXACA – wir nehmen alles aus dem obigen Absatz zurück. Oaxaca ist großartig und hat eine ganz besondere Stimmung. Die Menschen, die Farben, die Märkte, die Fröhlichkeit, die vielen lächelnden und lachenden Menschen – wir sind überwältigt und einfach nur froh im Hier und Jetzt zu sein. Der Höhepunkt des Tages ist dann noch, als wir durch Zufall in einen Hochzeitsumzug geraten – die Lebensfreude ist unbeschreiblich und wir beide haben vor Rührung die Tränen in den Augen.

Gewitter und Regen – es kracht, blitzt, hagelt und regnet – und es ist herrlich. Unser zweiter Regen für dieses Jahr und die Natur freut sich noch mehr als wir. Wir gehen noch mal durch tiefe Pfützen und ordentliche Matsche Eier in der nahegelegenen Tienda (kleine mexikanische Tante Emma Lädchen) einkaufen und denken, dass der Matsch uns bestimmt noch ein paar Tage erhalten bleibt. Doch weit gefehlt, bereits am nächsten Tag bei unserem morgendlichen Lauf staubt es bereits wieder. 

Da das Radfahren hier so gut funktioniert und es uns auch wieder viel Spaß macht, beschließen wir, die antike Stätte „Monte Alban“ mit den Rädern zu erkunden. Es sind ja hin und zurück nur 40 km, was ich (Sandie) jedoch ganz ignoriert hatte, ist das Wort „Monte“. Wir haben Mitte 30 Grad Celsius und nur noch 5 km bis zum Ziel – und da tut sich eine unfassbar steile Straße vor uns auf. Achso ja, wir müssen da ja noch so einen nicht ganz kleinen Berg erklimmen. Über 600 Höhenmeter wollen noch überwunden werden. Der erste Kilometer ist so steil, dass Sandie fast Höhenangst bekommt und schon nach kurzer Zeit schieben muss. Karsten hält noch ein wenig länger durch, eigentlich gibt er nie am Berg auf, doch dann muss auch er sein Rad schieben. Glücklicherweise wird es nach dem ersten Kilometer etwas weniger steil und so sind wir in der Lage, im ersten Gang bis nach oben zu fahren. Von den vorbeifahrenden Autos bekommen wir Applaus und erhobene Daumen. 

Monte Alban war die Hauptstadt der Zapoteken, die hier auf dem künstlich abgeflachten (zum Glück!) Gipfel ihr religiöses, Wohn- und Handelszentrum errichtet haben. Die Anfänge der Besiedelung datieren bereits auf 800 v. Chr. und die Blütezeit der Zapoteken war von 300-700 n. Chr. In dieser Zeit haben etwa 30.000 Menschen hier gelebt. Es sind deutliche kulturelle Beziehungen zu den Teotihuacan in den Kult- und Wohnbauten erkennbar. Erstaunlicherweise sind bei den Zapoteken schon seit 600 v. Cr. Schrift und Zahlendarstellungen bekannt. Ebenso bewundernswert sind die astronomischen Kenntnisse und die nach der Sonne und Sterne ausgerichteten Skulpturen und Gebäude. Die Stufenpyramiden sind in der Zeit zwischen 0 und 700 n. Chr. entstanden. Nach 700 n. Chr. verlor Monte Alban radikal an Bedeutung und diente nur noch als Begräbnisstätte. Ab dem 14. Jahrhundert nutzen die Mixteken diesen heiligen Ort als Begräbnisstätte für ihre Elite und für religiöse Rituale. Bis 1521 die Spanier (die schon wieder!) Oaxaca eingenommen haben.

Die Rückfahrt vom Berg herunter läuft deutlich geschmeidiger. Ein sportlicher und gleichzeitig kultureller Tag und dann kochen wir uns am Abend noch unsere letzten Spätzle mit lecker Pilzrahmsoße. Also ein ganz und gar perfekter Tag.

Wir bleiben insgesamt eine Woche auf dem sehr schönen El Rancho Camp in El Tule. Dann ziehen wir ganze 5 km weiter auf den Camp „Oaxaca View“ von Sabine und Stefan. Hier gefällt es uns noch besser. Wir sind direkt in der Natur und können die Berge auf Wanderwegen erkunden auch ist es wesentlich ruhiger hier. Nur ab und zu mal hören wir das Gebimmel und die Feuerkracher der nahe gelegenen Kirche und nicht zu vergessen die Zikaden, die in der Abenddämmerung die Lautstärke einer Kreissäge mit stumpfem Sägeblatt haben können. 

Von hier aus, in Santa Catalina de Sena, fahren wir mit den Rädern in den Weberort Teotitlan del Valle. Dieser kleine Ort am Fuße des Sierra Juarez Gebirges ist berühmt für das Färben und Weben von Schafwolle. Überall gibt es kleine Lädchen und die stolzen Besitzer erklären uns wie gefärbt und gewoben wird und wie man die Qualitäten unterscheiden kann. Es ist sehr interessant und wie immer haben wir nicht das Gefühl zu sehr zu Käufen „bedrängt“ zu werden. Sehr angenehm. Und so kaufen wir dann doch – natürlich! Die Teppiche, Kissenhüllen etc. sind aber auch einfach zu schön.

Wir werden noch ein paar Tage hier in Santa Catalina de Sena bleiben und noch ein paar Dörfer mit unseren Rädern erkunden und dann werden wir mal wieder an die Pazifikküste über San José del Pacifico (berühmt für seine Magic Mushrooms) fahren. Mal schauen, was wir uns da noch so alles sehen und erleben dürfen. Wir halten Euch wie immer auf dem Laufenden.

Bleibt glücklich, gesund und gelassen.

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