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Bereits seit 8 Monaten sind wir jetzt wieder unterwegs und irgendwie kommt es uns gar nicht so lange vor. Wobei, wenn wir an die Zeit in Yucatan, Cozumel, Belize und Guatemala denken ist das Alles doch schon wieder so weit weg. Komisch … geht es Euch auch manchmal so, dass vergangene Erlebnisse sowohl nah als auch fern erscheinen? Es ist einfach manchmal unglaublich schwer, alles Erlebte zu verarbeiten, doch da hilft es uns auch sehr, diese Reiseberichte zu schreiben und wir freuen uns selbst nachlesen zu können, was so alles passiert ist 😆. Wir sind nun seit drei Wochen in Santa Maria del Tule in der Nähe von Oaxaca und genießen den sehr gut ausgestatteten Campingplatz. Die wunderbaren heißen Duschen sind aber auch bitter notwendig, um uns fast täglich von Ewalds Öl, Fett und Dreck zu befreien … doch jetzt erst mal wieder der Reihe nach.

Zuletzt sind wir in Cholula gelandet. Dort waren wir vor ziemlich exakt einem Jahr schon mal und daher werden wir Euch diesmal nicht mit den üblichen Fakten langweilen. Nur soviel – jetzt hat es uns noch besser gefallen. Denn letztes mal war Ostern und wir standen direkt an der Pyramide. Es war so unglaublich laut und die Böller haben sich wie Kriegsbomben angehört – und das 24 Stunden am Tag. Diesmal stehen wir auf einem kleinen Campingplatz und außer uns ist nur ein Dauercamper da. Es ist herrlich ruhig und wir können bequem „downtown“ marschieren. Wir laufen jeden morgen um und auf die Pyramide und genießen die Sicht auf die umliegenden Vulkane. Kaum haben wir das Vulkangebiet verlassen, vermissen wir es schon wieder. Doch Cholula ist einfach schön und gemütlich. Derzeit echt ruhig und wir lassen uns einfach treiben, genießen den ein oder anderen Frappucino und das leckere Essen.

Da wir Ewald nicht nach Puebla reinfahren möchten und es wirklich nah ist beschließen wir, dorthin zu „ubern“. Uber halten wir für eine der besten Erfindungen dieses Jahrhunderts im Transportbereich. So einfach, übersichtlich und kostengünstig. Für nur etwa 4 Euro werden wir bequem nach Puebla kutschiert und dann lassen wir uns auch in Puebla einfach treiben. Die „Stadt der Engel“ wird hauptsächlich durch ihren einzigartigen Architekturstil, den sogenannten „Poblano-Stil“ reizvoll. Zahlreiche Kirchen und viele Häuser erstrahlen in dem eindrucksvollen Stil, der durch Talaveras (buntbemalte Kacheln, die hier hergestellt werden), Verzierungen und Gemälde so besonders wird. Wir befinden uns auf 2.200 m Höhe und die Stadt zählt etwa 1,6 Millionen Einwohner und sie fühlt sich gar nicht „molochartig“ an. Viele Bäume und Parkanlagen, verbunden mit dem Kolonialstil wirken eher gemütlich und wir fühlen uns wohl. 

Wir essen und trinken uns durch die Stadt und bewundern die zum Teil gut erhaltenen oder restaurierten Gebäude aber auch die morbiden halb zerfallenen. Am Zocalo ist auch die Kathedrale zu finden bzw. unmöglich zu übersehen. Der 500 Jahre alte Trumm ist in unseren Augen einfach nur plump. Die Fassade besteht aus schwarzem Kalkstein und somit wirkt die Kirche gar nicht einladend (wobei für Sandie Kirchen nie einladend wirken) und doch gehen wir rein. Der Prunk ist unbeschreiblich und wir haben eigentlich nicht so positive Gefühle im Innern, daher gehen wir nach 10 Minuten auch gerne wieder an die frische Luft. Es gibt so viel Schöneres zu sehen …

Nach stundenlangem „sich treiben lassen“, fahren wir mit Uber noch zu einem modernen Stadtviertel mit einem Riesenrad. Alles modern und neu und das Riesenrad ist RIESIG – doch leider heute am Montag geschlossen. Wir shoppen noch ein wenig im wohl best sortierten und teuersten Supermarkt Mexikos und genießen später bei Ewald unsere mitgebrachten Spezialitäten.

Wir wollten eigentlich noch mal die Vulkane Malinche und den Orizaba besuchen, doch da die Regenzeit begonnen hat, müssen wir auf den Höhen definitiv mit Schnee rechnen und darauf haben wir dann doch keine Lust. Also müssen wir wohl irgendwann (in ein paar Jahren vielleicht) zurückkommen…

Daher fahren wir weiter über Tehuacan nach Zapotitlan Salinas. Wir fühlen uns, als wären wir wieder in der Baja, denn wir fahren durch wunderschöne Kakteenlandschaften und freuen uns, einfach nur in dieser herrlichen Landschaft sein zu dürfen. Es regnet immer mal wieder und ansonsten ist es heiß. Es ist jedoch nicht schwül und so lässt sich das Klima echt gut aushalten. Klimaanlage wird nicht benötigt. Aus anfänglich 2 geplanten Übernachtungen werden 4. Wir genießen es durch die zerklüftete, verwunschene und wild romantische Landschaft zu wandern und es ist einfach herrlich ruhig. Unser Begleithund, wir nennen sie „Mädchen“, ist auch zuckersüß und wir haben ganz lustige Begegnungen. So sehen wir täglich diese lustigen kleinen knallroten Samtmilben – wir denken sie kommen direkt vom Mars. Aber auch die Stabschrecke und die Krötenechse sehen außerirdisch aus.

Nach vier ruhigen und entspannten Tagen fahren wir weiter durch die Berge und erreichen den Bundesstaat Oaxaca. Die Straße wird direkt schlechter und es gewittert ordentlich. Schnell sind die Straßen überschwemmt und wir sehen einige Erdrutsche. Langsam bewegen wir uns auf Tamazulapam zu. Dort fahren wir über einen Schlammweg zum Ojo de Agua Chico. Es ist usselig und nach Schwimmen ist es uns heute nicht mehr. Kasi kauft von einem fliegenden Händler noch eine Flasche Mezcal, ist lecker und stark und wir hoffen, dass wir nicht blind davon werden. 😆

Am nächsten Tag reist jedoch der Himmel auf, wir gehen laufen, und danach schwimmen wir in dem herrlichen glasklarem Wasser. Ein perfekter Tagesanfang. Bis nach Oaxaca sind es nur noch 120 km und die ersten 100 sind auch relativ schnell „erledigt“. Doch dann kommen wir in den normalen Großstadtstau und brauchen noch über eine Stunde bis zum Supermarkt. Die Parkerei ist auch etwas nervig – hier machen wir einen Großeinkauf und schon geht es wieder in den Stau Richtung Tule. Wir brauchen über eine Stunde für die 20 km bis nach Santa Maria del Tule und sind dann ordentlich „durch“ als wir endlich unseren Campingplatz „El Rancho“ erreichen. 

Wir springen sofort in den herrlichen pool und schon geht es uns besser. Und das ist auch gut so, denn schon am nächsten Tag legen wir in aller Frühe los und bauen Ewald auseinander. Wir wollen nun ENDLICH die Dichtungen der Injektorenbecher tauschen. Bereits seit 6 Jahren schieben wir dieses, nicht ganz kleine, Projekt vor uns her. Und nun soll es geschehen. Nachdem wir einige Anbauteile abgebaut haben und Karsten den ersten Injektor gezogen hat, müssen wir leider feststellen, dass wir das falsche Spezialwerkzeug zum Herausdrehen der Becher dabei haben. Was für ein riesengroßer k…! Doch zum Glück sind wir ja in Mexiko und um die Ecke gibt es einen Dreher.

Karsten versucht erst das falsche Werkzeug vom Dreher umbauen zu lassen – es passt jedoch nicht und ist einfach zu klein. Der Dreher hat die Idee eine Ratschennuss umzubauen, also opfern wir eine 24er Nuss und … es dauert ein paar Tage, da er irre viel zu tun hat … er baut uns ein neues Werkzeug UND es funktioniert. Yippie!!!!

Die Arbeit ist, wir wissen schon warum wir es immer wieder verschoben haben, elend. Wir müssen sowohl mit großem Werkzeug und viel Kraft aber auch mit Zahnarztwerkzeug arbeiten und der Wechsel jeder einzelnen Dichtung dauert EWIG. Doch sind wir erfolgreich und sehr stolz. Jedoch findet Karsten beim Ausbau der Becher ein weiteres technisches Problem, was aber konstruktionsbedingt ist. Bei den mittleren vier Zylindern waren deutliche Kalkablagerungen an der unteren Metall auf Metall Dichtung der Injektorenbecher zu sehen. D.h. an dieser Stelle ist schon Feuchtigkeit aus dem Kühlwasser in die Brennräume gelangt. Es sind also nicht unbedingt die oberen Silikondichtungen, die das Problem von Feuchtigkeit im Brennraum bei Kälte hervorrufen, sondern die untere Dichtfläche. Hier kann man aber, außer einer ordentlichen Reinigung der Dichtfläche an den Bechern, nicht viel machen. Eine Reinigung der Dichtfläche im Zylinderkopf ist quasi nur bei ausgebautem Kopf sinnvoll möglich. Hoffen wir mal, dass wir für die 5000er Berge in Südamerika gut gerüstet sein werden. Bei ausgebauten Einspritzdüsen lässt sich der Motor natürlich auch sehr leicht drehen und das Einstellen der Ventile ist daher ein Kinderspiel. Dies war nach 6 Jahren und fast 90000 km auch mal wieder dringend nötig! Für alle Technik interessierten musste das Spiel von 5 der 6 Einlassventile von 0,1mm auf 0,2mm vergrößert werden. Alle 6 Auslassventile waren noch korrekt auf 0,3mm Spiel eingestellt. Kann uns das einer erklären?  

Wir reinigen, entrosten und lackieren Anbauteile und auch die Karosserie und Ewald steht bald schon wieder stolz wie Bolle da. Nach dem Öl- und Filterwechsel und einem rundum Abschmierdienst der 44 Schmiernippel machen wir einen ersten Startversuch. Und siehe da, Ewald schnurrt wieder wie ein Kätzchen. Wir erledigen eine laaaaaaaaaaange Liste an Wartungs-, Reparatur- und Optimierungsarbeiten – und die meiste Zeit macht es echt Spass mit Ruhe und an einem solchen Ort.

Wir gönnen uns aber natürlich auch Freizeitaktivitäten und neben den morgendlichen Läufen fahren wir viel Fahrrad, erkunden kulinarische Spezialitäten und natürlich müssen wir auch die „Frappes“ hier in Tule und in Oaxaca testen.  

Der beschauliche Nachbarort Santa Domingo gefällt uns auch sehr gut. Das Dorf ist nur 4 Kilometer entfernt, und doch ist es auch ein Jahrhundert entfernt. Hier werden die Felder noch mit Ochsen bestellt und uns begegnen sehr viele Esel, die für den Holztransport zuständig sind. Es ist immer das gleiche Bild: zwei trabende Esel, einige Begleithunde und ein Mann auf einem Fahrrad. Die Truppe holt oben in den Wäldern Holz, die Wege sind weit und so sieht man schon frühmorgens die „teams“ bergan laufen und nachmittags kommen sie mit dünnen Ästen voll beladen zurück. Das wichtigste Werkzeug der „Holzfäller“ sind die Macheten. Wenn wir ihnen zu Fuß oder mit den Rädern begegnen freuen wir uns über die lächelnden Gesichter zu den langen Messern.

Frühmorgens laufen wir oft zu „unserem“ Spielplatz in Form eines großen stillgelegten Steinbruchs. Bis dahin geht es gut bergauf und das Areal ist einfach cool zum Rumlaufen und Radfahren. Mal regnet es, mal laufen wir durch Wolken und mal scheint die Sonne und die Ausblicke sind einfach immer schön. Besonders gefällt uns, dass die Natur so grün ist. Die Regenzeit ist schon auch eine prima Saison. Es ist nicht brütend heiß, nachts kühlt es ab und überall spriest die Natur. Als wir letztes Jahr hier waren, herrschten eher die Brauntöne vor, die Grüntöne mögen wir jetzt mehr. Interessant sind auch die echten Mischwälder, bestehend aus Krüppeleichen, Akazien, und vielen Kakteen … das ist mal ein etwas anderer Mischwald.

Auf unseren Reisen lieben wir es mit der Sonne im Einklang zu leben. Wir stehen jeden Tag mit ihr auf, also meist vor 6 Uhr, und gehen auch meist mit ihr ins Bett. Lustig … das wird mit Sicherheit in unserem Heimaturlaub wieder ganz anders. Wir treffen immer mal wieder andere Reisende, die oft einen ähnlichen Rhythmus haben – also zumindest mit dem früh ins Bett gehen. Apropos andere Reisende, in den Wochen hier auf dem Campground haben wir einige Reisende kommen und gehen sehen. Viele haben auch im gleichen Lager eingelagert und andere sind entweder gen Norden oder Süden unterwegs. Mit manchen haben wir direkt einen guten Draht und die könnt ihr in unseren „Begegnungen“ finden. Mit anderen haben wir so gar keine Verbindung und führen wenige bis gar keine Gespräche. Ist halt wie überall … mit manchen kann man und mit anderen nicht. 

In ein paar Tagen lagern wir Ewald ein und steigen in den Flieger Richtung Kanada. Wir sind schon auf die nächsten 6 Wochen und unsere Reise der ganz anderen Art gespannt. Ab Mitte August ist dann erst mal wieder ein Heimatbesuch angesagt. Wir werden Euch wie immer, auf dem Laufenden halten.

Bis dahin bleibt glücklich, gesund und gelassen.

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